Gebäude der 20er Jahre
Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg ermöglichten eine Art Neuanfang und den Einzug der Moderne.
Innerstädtische Wohnanlage 1927-1929 Einleitung Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg ermöglichten eine Art Neuanfang und den Einzug der Moderne. Die dekorativen Einflüsse des Historismus, aber auch des Jugendstils / Art Deco wichen klaren, einfachen Formen. An die Stelle reich verzierter Stuckfassaden treten zunächst einfache Putzfassaden und später vor allem Ziegelfassaden. Die meisten Bauten entsprechen den Gestaltungsmerkmalen der Moderne, Einflüsse des Traditionalismus sind jedoch ebenfalls vertreten. Die funktionalen und gestalterischen Ansprüche, vor allem im Wohnungs- und Industriebau, wurden neu definiert. Die veränderte wirtschaftliche und soziale Situation verlangte veränderte Wohnformen, die sich vor allem im Siedlungsbau an den Stadträndern durch deutlich kleinere Wohnungen zeigten. Das einfache, schnelle, kostengünstige und standardisierte Bauen rückte in den Vordergrund. Das ?Neue Bauen? entwickelte innovative, herausragende Gebäude, die sich neuer Baumaterialien und Formen bedienten. Das städtische Wohnen Das städtische Wohnen erlebte in diesen Jahren eine Revolution, die sich bis heute noch an einigen beispielhaften Bauten aufzeigen lässt. Das repräsentative, dekorative äußere Erscheinungsbild trat in den Hintergrund. Statt dessen wurde mehr Wert gelegt auf die Bedürfnisse der Bewohner und die Erfüllung neuer technischer Ansprüche. Die äußere Erscheinung dieser Häuser ist daher eher unauffällig. Das Wohnen außerhalb der Großstädte / auf dem Land Im Gegensatz zu den neuen Ansprüchen des städtischen Wohnens zog die Moderne im ländlichen Bereich nicht ein. Soziokulturell gab es zwischen den Bedürfnissen der Landbevölkerung und denen der Großstädter keinerlei Übereinstimmung. Während die Landbevölkerung noch mit dem Wiederaufbau nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigt war oder vom Land in die Stadt flüchtete, veränderte sich der durchschnittliche Wohnraum nur im Bereich der Küchen und sanitären Anlagen, während sich landwirtschaftliche und gewerbliche Bereiche immer mehr vom Wohnbereich trennten. Siedlungsbau Der Siedlungsbau dieser Jahre zeichnet sich durch fortschrittliche Tendenzen aus, die in dieser Form niemals wiederkehrten. Die Siedlungen der 20-er und 30-er Jahre entstehen vor allem im Stadtrandgebiet und weisen kleine Wohnungsgrößen mit meist wohldurchdachter Grundrissstruktur auf. Die Großzügigkeit der ?Gründerzeit? weicht dem Funktionalismus, passt sich der veränderten wirtschaftlichen und sozialen Situation dieser Nachkriegszeit an. Haus Weißenhofsiedlung 1927 Beispielhafte Siedlungen der Moderne, wie die "Weißenhofsiedlung" in Stuttgart, die als Exponat des Deutschen Werkbundes initiiert wurde, zeigt beispielhafte Ideen, die sich jedoch bis heute nicht durchsetzten. Ähnliche Siedlungsbauten wurden in diesen Jahren am Rand vieler deutscher Großstädte gebaut, so z. B. "Dammerstock" am Rande von Karlsruhe, aber auch die ersten Berliner Großsiedlungen. Die Siedlungsbauinitiative dieser Jahre dauerte bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges an. Industriebau Vor allem im Industriebau zeichnen sich die Tendenzen der Moderne deutlich ab. Neben Anforderungen aus dem Produktionsablauf zeigt auch hier die Industrialisierung des Bauens ihre Einflüsse. Alle Industriebauten dieser Zeit zeichnen sich durch einfache und klare Formen aus, reagieren deutlich auf den Produktionsablauf und zeigen diesen auch bewusst. Auch bei den Bürogebäuden bleibt die Sprache deutlich. Repräsentative Verkaufsgebäude zeichnen jedoch in der Regel ein einprägsames Äußeres aus. Typische Merkmale Außenwände aus Voll- oder Lochziegel, Bims- und Bimshohlblocksteine strukturierte Putz- oder Klinkerfassade teilweise mit straßenseitiger Putz- oder Ziegelornamentik später auch aus Kalksandsteinen, Beton-, Betonschalungs- oder Betonhohlblocksteinen mit Zuschlägen Dächer meistens Tonziegel als Deckung seltener auch Betonschindeln als Deckung selten, regional: Schiefer oder Schindeln als Deckung sichtbare Sparren keine Dämmung Fenster einfachverglaste Holzfenster mit kleinteiliger Sprossenteilung selten: Kastenfenster gewagte Konstruktionen, z. B. Eckfenster Eckfenster Kellerdecken Holzbalkendecken mit Lehmschlag und oberseitiger Dielung Massivdecken aus Stahlträgern, deren Zwischenräume mit Ortbeton ausgegossen wurde Einschubdecken Hohlsteindecken erste Betondecken mit geringem Querschnitt Geschossdecken Holzbalkendecken mit Lehm-, Sand- und Schlackenfüllung oberseitig mit Dielung selten: Linoleum (Küche) Nassräume, Küche mit Fliesen oder Terrazzo selten: Ortbeton U-Wert ca. 2,2 W/(m2 K) Typische Mängel Außenwände feuchte Keller und Erdgeschoss-Außenwände, da Abdichtungssperren vertikal und horizontal fehlen rostende Stahlträger Putzschäden, wie Risse, Abplatzungen und Hohlstellen aussandende Fugen beim Sichtmauerwerk mangelnder Wärmeschutz Innenwände schlanke Wände mangelhafter Brand- und Schallschutz der Treppenhaus- und Wohnungstrennwände Dach Schädlingsbefall an der Dachkonstruktion Dacheindeckung, Dachaufbauten, Kaminköpfe undicht fehlende Wärmedämmung und mangelhafte Abdichtung gegen Feuchtigkeit beschädigte Dachrinnen, Fallrohre, Dachanschlüsse Decken faulende Holzbalkenköpfe am Balkenauflager unterdimensionierte Holzbalken Schädlingsbefall statisch unterdimensionierte Stahlträger Korrosion abgelöster Deckenputz, schadhafte Putzträger Fenster / Türen Witterungsschäden Fäulnisschäden Undichtigkeiten Einfachverglasung ohne Wärme- und Schallschutz Rollläden, Klappläden, beschädigt schadhafte Beschläge, Schlösser Türen verzogen, Beschläge beschädigt Böden / Treppen durchgetretene Dielen und Stufen Geländer beschädigt Schädlingsbefall Fugen und Risse im Holz Fliesen und Platten gerissen Sanitärinstallation Wasser- und Abwasserleitungen unbrauchbar unterdimensionierte, zugesetzte Leitungen Sanitäreinrichtungen defekt Heizung Einzelöfen viele versottete Kamine Elektroinstallation Installationen und Absicherungen unzureichend Hausanschluss unterdimensioniert Maßnahmen Bauteilübergreifend Verbesserung der meist sehr beengten Wohnungszuschnitte, vor allem im Bereich der Bäder Keller / Außenwände Abdichtung gegen eindringende und aufsteigende Feuchtigkeit Verbesserung der Wärmedämmung der Außenwände Innenwände Verbesserung des Schallschutzes bei Wohnungstrennwänden Verbesserung des Schall- und Wärmeschutzes bei Treppenhauswänden Geschossdecken Reparatur von Deckenbalken Verbesserung des Schallschutzes Fenster /Türen Reparatur bzw. Erneuerung der Fenster und Türen aus schall- und wärmeschutztechnischen Gründen Böden / Treppen Aufarbeitung der Beläge Dach Reparatur bzw. Erneuerung der Dacheindeckung Verbesserung des Wärmeschutzes Sanitärinstallation Vergrößerung der Bäder Heizung / Elektroinstallation Erneuerung der kompletten Haustechnik
Quelle: HeinzeBauOffice